Wir blicken mit irgendetwas zwischen Enttäuschung und Wut auf die geplanten Kürzungen im Kinder- & Jugendplan des Bundes im neuen Haushaltsentwurf der Ampelregierung.
44,6 Millionen Euro weniger für die Kinder- & Jugendhilfe: Eine Kürzung um 18,6%.
Als Diözesanverband sind wir für über 50 KjG-Gruppen im Bistumsgebiet und damit für ca. 2.500 Mitglieder zuständig. Ein Großteil der Kinder & Jugendlichen, die bei den Aktionen unserer Ortsgruppen dabei sind, sind jedoch keine Mitglieder, sodass wir de facto ca. doppelt so viele Personen durch unsere Arbeit erreichen. Gerade in den Sommerferien konnten wir viele Zeltlager besuchen und durften dort die immense Motivation und Energie der ehrenamtlichen Betreuer*innen erleben.
Diese Zeltlager, sowie die vielen weiteren Aktionen für Kinder & Jugendliche, sind jedoch auf eine Sicherstellung der Finanzierung und eine große Zahl Ehrenamtlicher angewiesen. Gerade das Programm “Aufholen nach Corona” hat hier, bei der gleichzeitig stattfindenden hohen Inflation, vielen Gruppen enorm geholfen und teilweise die Umsetzung von Aktionen erst ermöglicht. Teilnahmebeiträge konnten so niedrig gehalten werden und nicht jeder Cent musste bei der Planung von Freizeiten und anderen Aktionen umgedreht werden. Das hat vielen Mut gemacht und die Arbeit für uns Ehrenamtliche sehr vereinfacht. Mit der nun beschlossenen Kürzung des KJP fallen Förderpakete wie dieses weg und die Finanzierung von Aktionen muss wieder auf die Teilnehmer*innen umgelegt oder Aktionen schlicht und ergreifend wegen mangelnder Finanzierungsmöglichkeiten abgesagt werden. Dadurch können insbesondere Kinder und Jugendliche aus einkommensschwächeren Familien nicht mehr erreicht werden.
Neben dem Wegfallen solcher Sonderprogramme leiden unter einer Kürzung der Mittel jedoch auch die Kernaufgaben des KJP. Diese beinhalten die Förderung von Aktionen und Stellen, die nicht durch Landesmittel refinanziert werden können, da diese länderübergreifend stattfinden bzw. von Interesse für das gesamte Bundesgebiet sind. Dazu gehören zum Beispiel Unterstützungen immaterieller Natur durch Beratungen oder die Weiterverteilung von auch materiellen Fördermitteln, welche den Gruppen vor Ort zu Gute kommen.
Der weitaus größere und signifikantere Teil des KJPs enthält dementsprechend die Finanzierung der hauptamtlichen Stellen. Diese stehen uns jederzeit mit Rat und Tat zur Seite und ermöglichen erst unser ehrenamtliches Engagement. Die Kürzung wird voraussichtlich bedeuten, dass wir unsere Hauptamtlichen nicht mehr refinanzieren können. Die erhöhten Entgelte verbunden mit den Tarifverträgen im öffentlichen Dienst, welche wir sehr begrüßen, da unsere Hauptamtlichen es verdienen angemessen entlohnt zu werden, verschlimmern diese Finanzierungsprobleme weiter.
Eine große Herausforderung für viele ehrenamtlich engagierte Personen ist die zunehmende Professionalisierung des Ehrenamts und die damit verbundenen, stetig wachsenden Aufgaben. Bevor mit der eigentlichen Arbeit, im konkreten Fall hier der Kinder- & Jugendarbeit, begonnen werden kann, stößt man auf viele bürokratische Hürden. Diese Hürden und die konstant wachsenden Anforderungen können durch hauptamtliche Stellen – wenigstens teilweise – abgefangen werden. Wenn die Finanzierung dieser Stellen nicht mehr gesichert ist, müssen diese Aufgaben wieder von Ehrenamtlichen kompensiert werden. Die Folge: Der eigentliche Sinn und Zweck des Ehrenamts geht verloren, weil einfach keine Zeit oder Motivation mehr dafür bleibt.
Am Kinder- & Jugendplan hängt jedoch nicht nur die Kinder- & Jugendverbandsarbeit, sondern auch viele andere Träger der politischen Bildung. Aufgaben wie beispielsweise der Ganztags- und Kitaausbau, Armutsbekämpfung, Inklusion, Gesundheits- und Bewegungsförderung, Digitalisierung, Demokratiebildung und ökologische Transformation fallen zusätzlich in den KJP1.
Aufgrund der gesellschaftlichen Relevanz dieser Aufgaben ist für uns der KJP nicht die richtige Stelle, um solch enorme Kürzungen und Sparmaßnahmen durchzuführen. Selbst wenn das Budget im neuen Haushaltsplan gleich bleiben sollte, käme das durch die neuen Tarifverträge und die Inflation einer Kürzung gleich. Mit der Kürzung von 44,6 Millionen Euro fällt der KJP hingegen auf das Niveau von 2019 zurück². Der Bundesjugendring schreibt in einer Mitteilung, dass nach einer Bedarfsanalyse eine Erhöhung von 70 Millionen Euro benötigt würde1, um die Anforderungen, die an den KJP gestellt werden, erfüllen zu können. Dass stattdessen gekürzt wird – und das um 18,6%, trotz des im Koalitionsvertrag festgehaltenen Ziels, den „Kinder- & Jugendplan bedarfsgerecht aus[zu]statten“ – stößt bei uns auf Unverständnis.
Dass gespart werden muss, steht wahrscheinlich außer Frage.
Die Kinder- & Jugendhilfe ist jedoch nicht die richtige Stelle. Es braucht Investitionen in die Zukunft und wenn Kinder und Jugendlichen nicht die Zukunft sind, was dann? Die politische Bildung, wie sie in den Jugendverbänden tagtäglich passiert, ist ein zentrales Fundament für später politisch interessierte und aufgeklärte Bürger*innen. Gerade im Kampf gegen Rechts, der immer wichtiger wird, ist eine Kürzung hier eindeutig das falsche Zeichen!
Daher fordern wir als KjG Diözesanverband Mainz, dass der Kinder- & Jugendplan des Bundes bedarfsgerecht ausgestattet und mit denen, die die Kürzungen wirklich betreffen, ins Gespräch gegangen wird. Die Politik muss sich der Konsequenzen, die eine solch enorme Kürzung zur Folge hat, bewusst sein!
1https://www.dbjr.de/artikel/gemeinsamer-aufruf-kjp-kuerzungen-abwenden-bundeszentrale-infrastruktur-bewahren
2https://www.dbjr.de/artikel/haushalt-2024-bundesregierung-will-kjp-um-19-prozent-kuerzen